Die Geschichte im November
Der Regimewechsel und die Machtübernahme der NSDAP erfassen 1933 auch Konstanz. Die Stadtführung und mit ihr die Leitung der städtischen Einrichtungen wird „gleichgeschaltet“, missliebige Personen werden ausgetauscht. Auch bei der WOBAK wird der Einfluss des Nationalsozialismus schnell spürbar: Am 23. Mai 1933 wird im Protokoll der Aufsichtsratssitzung der WOBAG vermerkt, dass ein „politischer Umbruch größten Formats“ eingetreten sei, der „einschneidende Veränderungen“ fordere. Die Stadt Konstanz als größter Aktionär gibt ihre „Vorschläge“ bekannt, die auf die Entlassung politischer Gegner der Nationalsozialisten wie Kommunisten und Sozialdemokraten abzielen. In der Aufsichtsratssitzung im Mai 1933 scheidet daher die Hälfte der Mitglieder aus, darunter WOBAG-Gründer und SPD-Bürgermeister Fritz Arnold. Auch der WOBAG-Gründungsvater Josef Picard, jüdischer Architekt, wird später aus Konstanz ins amerikanische Exil gedrängt.
Inhaltlich macht sich der Einfluss des Regimes auch im Wohnungsbau bemerkbar. Die WOBAG wird nun als Instrument der nationalsozialistischen Ideologie genutzt, wobei vor allem Projekte umgesetzt werden, die dieser Weltanschauung entsprechen. So entstehen durch die WOBAG zwischen 1936 und 1938 im Haidelmoos 36 „Kleinsiedlungshäuser mit Selbstversorgergärten“.
Beim „Haidelmoos“ handelt es sich um ein Sumpfgelände zwischen Petershausen und Fürstenberg. Insgesamt sollen hier 130 Menschen ihr Zuhause finden. Doch bevor hier gebaut werden kann, muss das Sumpfgelände erschlossen werden. Hierzu werden Arbeitslose eingesetzt, untergebracht in einem „Arbeitsdienstlager“ des „Freiwilligen Arbeitsdienstes“ auf dem Gelände der Holzverkohlungsindustrie (HIAG) an der Reichenaustraße. Die Idee von Kleinsiedlungen wird von den Nationalsozialisten aufgegriffen und explizit mit ihrer Ideologie verbunden: Blut-und-Boden-Rhetorik, die Idealisierung „arischer“ Kleinbauern und Siedlungsverbände sowie rassenbiologische Kriterien bei der Vergabe von Häusern bestimmen nun die Wohnungspolitik. Im Aufsichtsratsprotokoll der WOBAG wird zu dem Projekt im Haidelmoos in diesem Sinne festgehalten: „Es ist zu hoffen, dass […] dort am sonnenbeschienenen Hang eine starke und frohe Generation heranwächst.“
Der kurz darauf von den Nationalsozialisten entfesselte Zweite Weltkrieg verhindert aber bald weitere Projekte, ab 1942 wird jede weitere Bautätigkeit eingestellt. Erst 1949 kann die WOBAG wieder neue Projekte aufnehmen.